Als die drei Steine zu Boden fielen

Möwe

Es war einmal eine alte bucklige Frau.

Auf ihrem gebeugten Rücken thronte ein riesiger Rucksack. Die Zeiten, da sie ihn stolz getragen hatte, waren lange schon vorbei. An vielen Stellen brach der Stoff, rissen die Gurten, aber er schien an ihrem Rücken festgewachsen zu sein. Die alte Frau litt unter der Last, aber klagte nicht mehr, sie war zur Gewohnheit geworden.

Eines Tages im Wald begegnete ihr auf ihrem Nachhauseweg der König auf einem stolzen Schimmel. Aufmerksam betrachtete er die alte Frau, grüsste sie freundlich und fragte sie: „Was willst du dich so abquälen mit deinem Rucksack, gib ihn mir aufs Pferd. Es wird ihn ohne Mühe tragen.“

Die alte Frau schüttelte nur den Kopf, ging ohne diesen zu heben weiter, um auf ihrem beschwerlichen Heimweg nicht länger als nötig zu verweilen. Am nächsten Tag begegnete ihr, wie es der Zufall so wollte, die Königin in der Kutsche. Die Königin hiess die Pferde anhalten und der alten Frau den Rucksack abnehmen, um in ihr nach Hause zu bringen.

Die alte Frau aber wehrte sich heftig und ging unbeirrt gebeugten Rückens ihren Weg.

Am dritten Tag aber ritt die wilde Königstochter auf ihrem Esel durch den Wald und prallte mit dem nicht ganz berechenbaren Esel in die alte Frau.

Diese fiel mit einem Schrei um. Der Rucksack öffnete sich und hinaus rollten drei schwere Steine.

Die erschrockene Königstochter half der alten Frau auf die Beine und entschuldigte sich.

Nun schauten beide auf die drei herausgequollenen Steine. Die Stirne der Königstochter krausten sich. Fragend schaute sie der alten Frau direkt in die Augen.

Da prustete die alte Frau, wie sie in ihrem ganzen Leben noch nie geprustet hatte. Sie bog sich vor Lachen und es ächzte und gierte in ihrem Rücken. Als sie sich wieder aufrichtete, stand sie gar nicht mehr so buckelig vor der Königstochter, die sie immer noch staunend und lachend zugleich ansah.

Stockend brachte sie hervor: „Hab ich doch tatsächlich drei Steine mitgetragen. Keine Ahnung woher, wann und vor allem wofür ich sie eingepackt habe! Nun habe ich sie solange getragen, so werde ich sie auch noch ein letztes Mal nach Hause bringen und aus ihnen eine Vogeltränke bauen.“

Die Königstochter, die noch lange nicht genug vom Leben, alten Frauen und ihren Steinen wusste, packte die drei Steine auf ihren Esel, trottete neben der alten Frau, die sich gar nicht mehr dagegen wehrte, zu deren Häuschen.

Sie holte Mutter und Vater und zu viert hoben sie einen ausgehöhlten Stein auf die drei langgetragenen Mitbringsel.

Während nun die Vögel in der Tränke badeten und spritzten, erzählte die alte Frau der Königstochter vom Leben und vielleicht … auch von den drei Steinen. Denn wer weiss, vielleicht zeigten diese ihr doch wieder die tief verborgene Geschichte?

Loslassen? Abgeben? Und manchmal tragen, bis es reif ist … stimmts Zora?

4 thoughts on “Als die drei Steine zu Boden fielen

    1. 🙂 Ja ich weiss schon. Hoffentlich nicht, wenn du mit dem Velo, die ganze Umgebung unsicher machst. Hast du eigentlich dann auch einen Rucksack dabei? (Vermutlich ja für die Drohne… nicht für Steine.)

  1. Liebe Katharina
    Was für eine wundervolle, tiefsinnige Geschichte. Es gab Zeiten in denen ich auch fast an meinem Gepäck zerbrochen wäre. Glüchlicherweise konnte ich gaaanz viel Ballast abwerfen. Nun achte ich gut darauf, dass sich nichts ansammelt, was los gelassen werden kann. Dank u.a.unserer tollen Usha gelingt das sehr gut – Balsam fürs Herz
    Gebt acht auf euch! Herzliche Grüsse aus Bäri

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