Sinn – Sinneseindrücke – sinnvoll
Heute Nacht habe ich darüber nachgedacht, was ich dir denn tatsächlich über intermediale Therapie oder eben Kunsttherapie schreiben möchte… und wenn ich über Nacht nachdenke… dann kommen meistens wirre, spannende, versponnene, sehr weitführende Ergüsse. So habe ich beschlossen, dass ich dieses Thema noch etwas in mir reifen lasse, bevor ich auch dich noch verwirre.
Dich stört es hoffentlich nicht, wenn ich dich mit dich anspreche. Da ich es liebe dir auch virtuell zu begegnen, ist es für mich schöner, mit dir so im Gespräch zu sein.
Tatsächlich haben gestern schon Menschen den Faden aufgenommen. Was für eine Freude! Da schwirren schon Geschichten über Umzug, Familie, über weitere Mäuse … etc. im Raum. Auch in mir entstehen, wenn ihr mir so Rückmeldung gebt, sofort wieder neue, neue alte und vergessene Geschichten. Aber mein Deal mit mir ist: Jetzt kommen schön die alten Geschichten von mir dran.
Die heutige stammt aus dem November 01 und handelt über Sinne und Sinn, sinnvoll oder sinnlich oder? Oder eben… die Otterin … mit Sinn hat Kunsttherapie sehr viel zu tun. Sozusagen das Meiste. „Schluss damit“ jetzt kommt die Geschichte.
Mein zweiter Deal mit mir ist… dass die Fotos immer frisch sind und aus meiner heutigen Welt stammen. So finden diese alten Geschichten eine neue Heimat.
Die Otterin
Junka ist eine Otterin, die nicht weit vom Fussballfeld entfernt in einem kleinen hübschen See wohnt. Das heisst eigentlich wohnt sie ja am Rande des Sees.
Weil sie alleine dort lebt (keiner anderen Otterin würde es in den Sinn kommen in der Nähe eines Fussballfeldes zu wohnen) hat sie kein Problem damit, genug Fische und Kleingetiere zu fangen, um immer einen satten Bauch zu haben.
Deshalb bleibt ihr stets viel Zeit zum Spielen, an der Sonne liegen, Frösche erschrecken, die mag sie nämlich gar nicht auf ihrem Speisezettel, und vor allem um dem Fussballspiel zuzuschauen. So unglaublich es tönt, Junka ist eine leidenschaftliche Fussballspielzuschauerin. Schon wenn die ersten Autos neben dem Feld hingestellt werden, schleicht sich eine wohlige Unruhe in Junkas Körper. Nervös zieht sie dann die letzten Runden im See und wartet auf den grossen Augenblick, auf den Pfiff, der in ihr das Kribbeln auslöst. Dann springt sie mit einem Otterschlag aus dem Wasser, setzt sich auf ihren Zuschauerhügel und schaut. Das ist er. Der Ball. Das karierte Geschoss, das sie doch so gut kennt. Mit gebanntem Blick verfolgt sie jede Bewegung, bewundert jede Drehung, jedes Fliegen durch die Luft, hält den Atem an, zuckt mit den Barthaaren, wenn er in ihre Richtung rollt. Junka ist gefangen von diesem Anblick. Dann der zweite Pfiff, der ihr ihre Erfrischung im Wasser ansagt und beim Dritten sitzt sie schon wieder wie gebannt auf ihrem Aussichtsplatz.
Da spricht sie jemand an: «Was machst du da oben?»
«Ich seh mir dieses Spiel an, warum fragst du?»
„Weil es sehr ungewöhnlich für eine Otterin ist, sich ein Fussballspiel anzuschauen“, bellt der Hund weiter. „Dass ich gerne dabei wäre, ist ja klar, aber du? Habt ihr als Otter nichts Besseres zu tun?“
Die Otterin aber meint zufrieden: «Nein, ich liebe es über alles, dem Ball nachzuschauen. Da gibt es nichts Schöneres.»
«Aber was macht das für einen Sinn? Davon hast du nicht gefressen und nicht geschlafen? Wenn ich dem Ball nachjage, wenn ich darf, und dann nicht, wenn ich nicht darf, haben meine Menschen das Gefühl, mich im Griff zu haben. Damit bereite ich ihnen Freude und somit füttern sich mich weiter. Aber du sitzt und schaust vollkommen zwecklos.»
Gelangweilt meint die Otterin: «Was bist du nur für ein doofes Tier. Du kennst wohl kaum das Kribbeln in den Flossen, das Ziehen im Herzen und das Dröhnen in den Ohren, wenn du einem solchen Spiel beiwohnst. Du erkennst wohl nur deinen knurrenden Magen und damit hat es sich.»
Der Hund ist sehr beleidigt, denn wer wagt es, seine Lebensart anzuzweifeln? Er grummelt vor sich hin: «Du Mistotterin, bist eifersüchtig, dass du nicht soviel gelernt hast. Ich kann Sitz auf Befehl und Stöckchen apportieren.»
Aber die Otterin lacht nur liebevoll und wendet sich wieder dem zweiten Teil des Fussballspiels zu. Da pfeift es schrill und weg ist der Hund.
Junka sagt laut: «Armer Hund! Du musst noch viel lernen.»
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