Unterwegs

Es war einmal eine Muschel. Sie klebte am Grund des Meeres an einem wunderschönen Stein.

Dieser Stein war so schön, dass die Muschel sich freute, hier zu kleben. Bis ins Innere der Muschel drang sein helles Glitzern.

Eines Tages sagte die Muschel zum Stein: Du bist so wunderschön, dein Glanz dringt bis zu mir ins Dunkle.

Niemals will ich von dir gehen. Nie könnte ich ohne dein Licht leben. So sehr habe ich mich daran gewöhnt.

Der Stein lachte und meinte: Ach, liebe kleine Muschel, dieses Licht wird dich immer begleiten, ob du da oder woanders bist.

Die kleine Muschel sagte: Jaja und dachte: Nein, nein, nie werde ich von hier wegschwimmen.

Nur leider. Es wäre ja keine Geschichte, wenn nicht etwas passieren würde.

Eines Tages kam ein starker Sturm auf.

Die kleinen Stürme vermochten etwas an der Muschel zu rütteln, aber niemals bekam die kleine Muschel es auch nur ein wenig mit der Angst zu tun, bis zu jenem verhängnisvollen Tag.

Es begann mit einem leichten Wellengang, den die Muschel als feines Schaukeln wahrnahm und genoss. Dieses feine Schaukeln wurde immer stärker und stärker. Die kleine Muschel genoss die Höhen und Tiefen, schliesslich war sie sich keiner Gefahr bewusst und dann … völlig unspektakulär, entschwebte die kleine Muschel.

Der Faden war gerissen. Hingerissen, noch unklar, was das nun bedeutete, nahm die kleine Muschel wahr, wie sich alles änderte – aussen, innen war ja alles wie immer.

Das heisst… wie fast immer. Denn das Glitzern des Steines war weg und würde auch nie mehr kommen. Nur, das wusste unsere kleine Muschel nicht. Sie war auf ihrem Weg durchs Meer.

Es war ein weiter Weg, dies wusste sie auch noch nicht. Vorbei an vielen grossen glitzernden Steinen, vorbei an Muschelkolonien, vorbei an Wracks und vorbei an Walen, Seesternen und Fischen.

Unserer kleinen Muschel gefiel dieses Reisen. Immer wieder mal ruhte sie sich am Meeresboden aus, mal glitzerte daneben ein Stein, mal nicht. Mal blieb sie länger, mal löste sie die Verbindung schneller auf.

Immer klarer wurde ihr, dass sie überall im Meer leben konnte, dass mal Licht durch ihre Schale dringen würde, mal nicht und ihr Sein überall ok sein würde.

Hin und wieder genoss sie das Glitzern eines besonderen Steines, um am nächsten Tag wieder auf ihre Muschelreise zu gehen.

Immer ganz bei sich und überall aufgehoben.

Ganz in sich geborgen

2 thoughts on “Unterwegs

  1. Danke für die Geschichte, die mich zum Nachdenken anregte, die mich berührte und mir wundervoll bewusst gemacht hat, dass ich immer mehr das Sein geniesse kann und überall gut aufgehoben bin. Danke auch für die einzigartigen Bilder Liebe Grüsse Brigitte

    1. Liebe Brigitte, vielen Dank für dein liebevolles Mitschwingen und die lieben Worte. Dein Sein gut aufgehoben – wunderbar. Liebe Umarmung Katharina

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